von Jürgen Fischer, Mitglied der BTK und 2. Vorsitzender des LVBS
Die Tarifverhandlungen 2023 sind Geschichte! Wir haben einen Erfolg erzielt! Vor allem ist der Abstand zum TVÖD Bund und Kommunen nicht größer geworden.
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Das war ein erklärtes Ziel unserer Verhandlungen. Aber der Reihe nach. Von der, von den Arbeitgebern am ersten Tag der Verhandlungen geäußerte Wertschätzung gegenüber der Arbeit und den Leistungen der Kolleginnen und Kollegen in den Ländern war nichts zu spüren. Mit Verweis auf das Prozedere wurde gemauert, was das Zeug hielt. Selbst zur zweiten Verhandlungsrunde kein Angebot und der lapidare Hinweis, dass unsere Forderungen unbezahlbar seien. Diesmal war der Unmut aber so groß, dass es deutschlandweit sofort und machtvolle Aktionen gab. In vielen Städten wurden Warnstreiks und Kundgebungen durchgeführt. In Sachsen waren die Zentren Leipzig, Chemnitz und als Abschluss Dresden Austragungsorte. Viele Teilnehmende und kämpferische Stimmung setzten bundesweit nachdrückliche Zeichen der Entschlossenheit. Der LVBS hat zusätzlich punktuelle Warnstreiks an den BSZ durchgeführt. Unsere Aktionen Demo plus Warnstreikstunde waren gut sichtbar und haben uns auch auf Bundesebene Respekt eingebracht. An den BSZ Schkeuditz, Meißen, Freital, Bautzen, Plauen, Dresden Bau und Technik, Dresden E-Technik, Dresden Metalltechnik „Zeuner“ und Pirna wurde diese Aktion durchgeführt. Darauf können alle Organisatoren und Beteiligten stolz sein. Vielen Dank! Als Mitglied der Bundestarifkommission (BTK) habe ich die Anerkennung der Verhandlungsführer und der Mitglieder der BTK für unsere sächsischen Aktionen erleben dürfen. Die Menge der Veranstaltungen deutschlandweit und die Teilnehmerzahlen haben für Aufsehen gesorgt. Das hat die Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) beeindruckt. Zu Beginn der dritten Verhandlungsrunde wurde sofort verhandelt. Wie immer ein zähes Ringen. Für uns als dbb und tarifunion standen außer den „allgemeinen“ monetären Zielen diesmal zwei weiter Bereiche im Fokus. Die Pflegekräfte im Justiz- und Vollzugsbereich, die bisher von den Verbesserungen im Pflegebereich ausgenommen waren und die Straßenwärter und Straßenwärterinnen, die schon seit Jahren auf eine Verbesserung ihre Einkommenssituation warten müssen. In beiden Bereichen waren wir erfolgreich. Auch hier war zu spüren, dass unsere konsequente Haltung, gestützt durch den Rückhalt durch die Beschäftigten und Beamten ernst genommen wurde. So viel kann gesagt werden, es war nicht klar, ob die Verhandlungen zu einem vernünftigen Ende kommen würden. Hier ein großes Dankeschön und Respekt vor den Verhandlungsführern der dbb und tarifunion um Ulrich Silberbach und Volker Geyer.
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An den Verhandlungen nahm in der Verhandlungskommission seitens der Berufsschullehrer der stellvertretende Bundesvorsitzende des Berufsschullehrerverbandes (BvLB), unseres Dachverbandes, Andreas Hilgenberg teil. Es gab regelmäßige Informationen zum Verhandlungstand an die BTK und Diskussionen zur weiteren Verhandlungsführung, die bis weit in die Nacht gingen.
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Am Sonnabendvormittag lag dann das Angebot in der finalen Fassung zur Abstimmung vor. Die gute Vorbereitung, die hartnäckige Verhandlungsführung und die Mitbestimmung während der Verhandlungen schaffte eine Stimmung in der BTK, die dazu führte, dass das Ergebnis einstimmig angenommen wurde. Das war bei vergangenen Einkommensrunden nicht so und zeigt die Außergewöhnlichkeit dieser Verhandlungen. 3000€ Inflationsausgleichsprämie, gesplittet in 1800€ Sofortzahlung im Dezember 2023 (wenn es das Bundesland schafft, sonst spätestens im März) und ab Januar bis November 2024 120€ pro Monat. Ab November 2024 ein Sockelbetrag von 200€ und ab Februar 2025 zusätzlich 5,5%. Durch den Sockelbetrag erhalten die unteren Einkommensgruppen anteilig mehr. So entsteht ab 2025 ein tabellenwirksamer Zuwachsbereich von 8,8% bis 16,6% je nach Eingruppierung. Die bittere Pille der 25 Monate Laufzeit mussten wir schlucken. Durch die Vertragsgestaltung kann aber ein anfangs vorübergehender aber dann tatsächlicher und dauerhafter Zuwachs bei fallender Inflation gewährleistet werden. Wer die Entwicklung gesehen hat und die öffentlichen Äußerungen der Arbeitgeber zur Kenntnis genommen hat, hat sicher erkannt, dass das Ergebnis nur durch unsere Aktionen, unsere Entschlossenheit erkämpft werden konnte und nicht sicher vorhersehbar war. Ein sonst notwendiger Erzwingungsstreik hätte in dieser Zeit die Gesellschaft weiter gespalten. Nicht Jeder hatte Verständnis für unsere Forderungen. Und auch die öffentliche Darstellung z.B. in den Medien war durchaus gespalten. Im Rahmen der Verhandlungen in Potsdam konnten wir derartige Auswüchse bei den Verhandlungen der GdL unter Führung von Klaus Weselsky hautnah erleben. Demonstrativ haben wir an einer Veranstaltung der GdL teilgenommen und unsere Solidarität gezeigt.
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Hier wurde in Reden darauf hingewiesen, wie Klaus Weselsky persönlich in den Medien angegriffen wurde, um die Aktionen der GdL zu diskreditieren. Ulrich Silberbach, Volker Geyer und andere Führungspersönlichkeiten der DBB Familie stärkten Klaus Weselsky den Rücken und forderten nachdrücklich den fairen Umgang in Verhandlungen und persönliche Angriffe zu unterlassen. Mir ist es wichtig zu zeigen, wie schwierig es geworden ist, gewerkschaftliche und damit demokratische Rechte einzufordern. Künftige Abschlüsse werden noch stärker von der Entschlossenheit und der Unterstützung in der Breite der Beschäftigten beeinflusst werden. Allen, die sich nicht beteiligt haben, gönne ich die Einbeziehung in die Ergebnisse, bin mir aber sicher, dass es künftig auf die Beteiligung der Mehrheit der Tarifbeschäftigten und die legale Unterstützung der Beamten ankommt. Als Verbandsführung werden wir immer nach neuen Möglichkeiten bzw. Formaten der Beteiligung und wirksamen Aktionen suchen. In diesem Sinne:
Wir sind viele, wenn wir mehr sind, sind wir stärker!
Nach den Verhandlungen ist vor den Verhandlungen!
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Fotos: Windmüller, dbb